Sonntag, 7. März 2010

Zusammenfassung von TROTZDEM JA ZUM LEBEN SAGEN (von Viktor E. Frankl)

Viktor E. Frankl (26.3.1905-2.9.1997), der Begründer der Logotherapie, hat als österreichischer Neurologe und Psychiater in seinem Buch TROTZDEM JA ZUM LEBEN SAGEN versucht, einen Einblick in die Psyche von KZ-Häftlingen zu geben. Er war als Jude selbst in mehreren KZs.
Zu Anfang erklärt er, dass man, wenn man selbst Häftling ist, nicht objektiv berichten kann, aber wenn man nicht Häftling wäre, eine zu große Distanz zum Thema hätte. Dieser Gedanke prägt das ganze Buch.

Phase 1 befasst sich mit der Aufnahme in einem Lager. Bezeichnend für diese Situation ist eine große Lähmung, weil man einfach nicht glauben kann, was man sieht und erlebt. Einige reagieren mit Galgenhumor, andere mit Neugier und manche begehen in dieser Phase Selbstmord.

Phase 2 beschreibt das Lagerleben. Nach einer Eingewöhnungszeit kehrt der Alltag ein, damit auch die Abstumpfung des Gemüts. Aus Selbstschutz und durch die Mangelversorgung entwickelt sich eine Apathie, körperlicher Schmerz wird nicht mehr so wahrgenommen, was anderen geschieht, berührt nicht mehr.
Seelischer Schmerz führt zu langanhaltenden Veränderungen der Persönlichkeit. Durch ständigen Hohn und Behandlung wie Tiere wird man allmählich vom Subjekt zum Objekt. Manchmal kommt man hierarchisch sogar nach Tieren, das Individuum erlischt.
Anfänglicher Ekel stumpft ab, man ist froh, wenn wieder ein Tag vorbei ist.
Obwohl alle ständig Hunger haben, wird viel über Essen geredet, Rezepte ausgetauscht, von Vorlieben berichtet.
Wegen des sich-konzentrieren-müssen-auf-Lebenserhaltung schweigt der Sexualtrieb, es besteht kein Bedarf an Kultur und Zerstreuung. Einzig Träume bleiben als innerer Rückzugsort. Empfindsamen Menschen gelingt dieser Rückzug aus der schrecklichen Umwelt in ein Reich geistiger Freiheit mit viel innerem Reichtum .
In dieser Phase empfindet man als Glück, was einem erspart bleibt.
Um gegen Übergriffe geschützt zu sein, versucht man in der Masse unterzutauchen, sucht automatisch mittlere Plätze, passt sich an, versucht gesund zu erscheinen, will um keinen Preis auffallen.
Auf Grund der äußeren Enge und der ständigen Überwachung besteht eine große Sehnsucht nach Einsamkeit.
Entscheidend für das Überleben ist nicht unbedingt eine besondere körperliche Fitness, sondern das Akzeptieren der Situation. Sobald man einen Sinn im Leiden sieht, Leiden als Leistung annimmt, so erklärt Frankl, verbessert sich die Chance erheblich.
Er geht auf die verschiedenen Situationen von gewöhnlichem Gefängnis und Konzentrationslager ein. Ins Gefängnis kommt man meistens verschuldet und weiß in der Regel, wann der Aufenthalt beendet ist. Man hat Rechte und kann bedingt mit der Familie kommunizieren. Im KZ dagegen erlebt man eine unabgrenzbare und unbestimmte Haftdauer und Daseinsform, weil man täglich mit Aussonderungen, Verlegungen oder dem Tod rechnen muss.

"Es kommt nicht darauf an, was wir vom Leben erwarten, vielmehr lediglich: was das Leben von uns erwartet!"

Viele Überlebende hatten etwas, was auf sie warete. Menschen oder Werke, die auf mich warten richten den Blick in die Zukunft und machen den Augenblick erträglich. Frankl bereitete Vorträge vor, die er halten wollte, in dem er Ideen sammelte oder Passagen formulierte. "Unersetzlichkeit und Unvertretbarkeit gibt Verantwortung zum Weiterleben".
Zusammenfassend schreibt Frankl: "das Wissen um das WARUM lässt das WIE ertragen".

Es gibt nach der Befreiung eine 3. Phase. Obwohl nun alles vorbei ist, kann man es nicht fassen. Man nimmt zwar alles zur Kenntnis, aber nicht zum Gefühl. Das neue Leben beginnt erst nach und nach. Der Körper verlangt nach Essen, Ruhe und Mitteilung und regeneriert viel schneller als die Seele.
Den Weg von seelischer Hochspannung zum Seelenfrieden kann man verschieden gestalten. Viele Ex-Häftlinge hatten Rachegedanken und ließen sich davon leiten. Mit viel Aggression gingen sie zuerst gegen die Folterer vor, dann gegen die Allgemeinheit und schließlich gegen sich selbst.
Andere wurden bitter durch das Erlittene. Wieder Andere waren sehr enttäuscht, weil das Leid nicht mit der Befreiung aufhörte. Sie entdeckten, dass Leid bodenlos sein kann.
Wirklich Seelenfrieden konnte nur finden, wer nichts erwartete. "Es gibt kein Glück auf Erden, das je wiedergutmachen könnte, was wir erleiden". Bei der Rückkehr in Familie oder Firma hatte sich die Situation oft grundlegend geändert, es konnte nicht unmittelbar angeknüpft und weitergemacht werden. In einem mühevollen Prozess musste mit viel Geduld eine Annäherung erfolgen und dann die Sozialisation. Wer einen Sonderstatus, großes Verständnis oder offene Türen erwartete, wurde sehr enttäuscht.
Rückblickend erlebt man das KZ wie einen bösen Traum, der langsam verblasst. Die Angst wird mit der Zeit weniger, "man muss nichts mehr fürchten- außer seinen Gott".